Es erinnert mich immer an unser Bildungssystem, wenn Bewerbungen seit Jahrzehnten nur nach entsprechenden Kriterien abgehakt werden.
Das macht die BewerberInnen Auswahl für die HR-Abteilung zwar leichter, aber das bedeutet auch mehr Fehlentscheidungen bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle.

Jeder ist ein Genie!

Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist

– Albert Einstein

Lücke im Lebenslauf? » KarriereMarshal(öffnet in neuem Tab)

Unternehmen sollten ihre Rekrutierungsstrategien überdenken
und den Fokus auf die individuellen Fähigkeiten und Potenziale
der Bewerbenden lenken, anstatt starre Kriterien zu verwenden.

Was ist Zero Gap?

Zero Gap bedeutet wörtlich übersetzt “keine Lücke”. Es beschreibt den Umstand, dass Personen mit unkonventionellen Lebensläufen oder Fähigkeiten, die nicht perfekt in die vorgegebenen Kriterien passen, oft nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden.

Dieses Phänomen ist besonders relevant für Fachleute oder Manager:innen in mittleren Positionen.

Warum tritt Zero Gap auf?

Unternehmen stehen vor vielfältigen Herausforderungen wie Inflation, geopolitischen Veränderungen, Digitalisierung und Kostendruck.

Die HR-Abteilungen sind oft überlastet und müssen Bewerbungen schnell sichten.

Die Unternehmenspolitik und die Fähigkeit der HR-Abteilung, unkonventionelle Entscheidungen zu treffen, spielen eine Rolle.

In der Regel gelten für den Rekrutierungsprozess spezifische Fachkenntnisse, die für einen bestimmten Beruf erforderlich sind.

Jetzt setzt Zero Gap ein mit sogenannten „Transferable Skills“ (übertragbare Fähigkeiten). Diese übertragbaren Fähigkeiten können in verschiedenen Kontexten genutzt werden.

Hier zwei Beispiele zum Thema Transferable Skills:

Kommunikationsfähigkeiten: Ein Vertriebsmitarbeiter, der früher in der Gastronomie gearbeitet hat, verfügt möglicherweise über ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten, die er beim Umgang mit Kunden gelernt hat. Diese Fähigkeit kann er nun in seiner Vertriebsrolle nutzen, um Kundenbeziehungen aufzubauen und zu pflegen.

Problemlösungsfähigkeiten: Eine Person, die als Projektmanager in der Bauindustrie gearbeitet hat, konnte komplexe Probleme lösen, indem sie effiziente Arbeitsabläufe entwickelte und Ressourcen optimal einsetzte. Diese Fähigkeiten sind übertragbar und können in einer völlig anderen Branche, wie z.B. im Bereich der Softwareentwicklung, genutzt werden, um Projektziele zu erreichen und Herausforderungen zu bewältigen.

In diesem Zusammenhang kommen auch wichtige Soft Skills wieder zum Einsatz oder sollten in die Überlegungen eingebaut werden: Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit, soziale Kompetenz, Flexibilität, Stressresistenz, Lernbereitschaft und analytisches Denkvermögen.
Besonders bei Führungspersonen sind Kommunikationsfähigkeit und strategische Verhandlungsführung gefragt.

Verpasste Gelegenheiten

Zero Gap hat sowohl für Unternehmen als auch für Bewerber:innen erhebliche Auswirkungen:

Für Unternehmen:

Verpasste Talente: Wenn Unternehmen sich zu sehr auf starre Kriterien konzentrieren, können sie talentierte Fachleute übersehen, die nicht exakt ins vorgegebene Schema passen. Dies führt zu einem Mangel an Vielfalt und Innovation im Unternehmen.

Geringere Anpassungsfähigkeit: Wenn Unternehmen nur nach dem “Grundgerüst” suchen, könnten sie Personen mit vielseitigen Fähigkeiten und Erfahrungen verpassen. Dies kann die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens in einer sich ständig verändernden Geschäftswelt beeinträchtigen.

Image und Kultur: Unternehmen, die Zero Gap praktizieren, könnten den Ruf haben, unflexibel oder wenig innovativ zu sein. Dies kann potenzielle Bewerber:innen abschrecken.

Für Bewerber:innen:

Frustration: Talentierte Fachleute, die aufgrund von Zero Gap nicht berücksichtigt werden, können frustriert sein. Sie fühlen sich möglicherweise nicht wertgeschätzt oder sehen ihre Potenziale nicht ausgeschöpft.

Selbstzweifel: Bewerber:innen könnten an ihren Fähigkeiten zweifeln, wenn sie wiederholt abgelehnt werden. Dies kann zu einem geringen Selbstwertgefühl führen.

Suche nach Alternativen: Bewerber:innen könnten gezwungen sein, alternative Wege zu finden, um ihre Fähigkeiten zu nutzen, z. B. durch Selbstständigkeit oder den Wechsel zu einem Unternehmen, das ihre Vielseitigkeit schätzt.

Zero Gap vermeiden

Flexible Rekrutierungsstrategien:

Unternehmen sollten ihre Rekrutierungsprozesse überdenken und flexibler gestalten. Statt nur nach einem festen Profil zu suchen, sollten sie die individuellen Fähigkeiten und Potenziale der Bewerber:innen berücksichtigen.

Vielfalt fördern:

Unternehmen sollten aktiv nach Vielfalt streben. Unterschiedliche Hintergründe, Erfahrungen und Perspektiven können zu innovativen Lösungen führen.

Vielfalt kann auch dazu beitragen, dass Unternehmen besser auf Veränderungen in der Geschäftswelt reagieren können.

Bewusstsein schaffen:

Arbeitgeber sollten sich des Zero-Gap-Phänomens bewusst sein und aktiv danach suchen, um es zu vermeiden.

Schulungen und Sensibilisierung können dazu beitragen, dass Personalverantwortliche offener für unkonventionelle Kandidat:innen sind.

Individuelle Potenziale erkennen:

Statt nur nach bestimmten Qualifikationen zu suchen, sollten Unternehmen die individuellen Potenziale der Bewerber:innen erkennen.

Transferable Skills (übertragbare Fähigkeiten) sind oft genauso wichtig wie spezifische Fachkenntnisse.

Agile Anpassung:

Unternehmen sollten sich anpassen können. Die Geschäftswelt ändert sich ständig, und starre Kriterien könnten den Erfolg behindern.

Agile Unternehmen können schneller auf neue Herausforderungen reagieren.

Kommunikation und Feedback:

Offene Kommunikation zwischen Personalverantwortlichen und Bewerber:innen ist entscheidend.

Feedback nach Vorstellungsgesprächen kann dazu beitragen, den Rekrutierungsprozess zu verbessern.

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