Auf den BlogArtikel „Sind meine Schwächen relevant“ gab es eine Menge Kommentare in den sozialen Medien.
Pro und Kontra, Für und Wider, Ja und Nein, eventuell vielleicht doch aber –
Die Palette der Meinungen ist vielfältig und jede/r wartet auf die Patentlösung bzw. die richtige Antwort auf die scheinbar sinnvolle Frage: “ Was ist denn mit Ihren Schwächen.“
Angeregt durch die zahlreichen Kommentare, präsentiere ich Dir hier meine Überlegungen.
Grundsätzlich vertrete ich, aufgrund 25jähriger Erfahrung, folgende 5 Gesichtspunkte:
1. Arbeite an Deinen Schwächen und Du bleibst Mittelmaß – arbeite an Deinen Stärken und Du bist zu Höchstleistungen fähig.
Sozialisiert wirst Du durch entsprechende Erziehungsinstanzen. In der Regel mit dem Hinweis auf Kompensation Deiner Schwächen. Schönstes Beispiel: das deutsche Bildungssystem.
Die Aufforderung an Deinen Schwächen zu arbeiten ist so sinnleer wie sinnlos. Beispiel?
Du willst studieren. Da Du nicht genau weist, was Deine Stärken sind, beginnst du mit einem Studium einer Dir bekannten Schwäche – Musik. Du studierst also erstmal Musik. Warum?
Zu Hause hat Vater, der ein ausgezeichneter Hobbymusiker ist, Dir immer wieder vermittelt, Du seiest zu untalentiert, an dieser Schwäche solltest Du mal arbeiten.
Fakt ist. Musik ist nicht Deine Lieblingsbeschäftigung oder auf den Punkt: Musik interessiert Dich nur konsumtiv, also per Radio oder in der Disco.
Diese Schwäche willst Du jetzt beseitigen und beginnst das Studium der Musik.
Meinst Du, dass Du in diesem Musikstudium Höchstleistungen bringen wirst? Nein!
Trotz größter Anstrengung wirst Du nie das erreichen, was ein talentierter Musiker mit dem gleichen persönlichen Einsatz erreicht.
Warum auch. Es fixt Dich nicht an und nur weil Vater das gesagt hat, kommt bei Dir keine Begeisterung auf.
Das gleiche Beispiel kann man auch heute noch auf die Berufswahl übertragen.
Opa war „beide“ Post, Vater war „beide“ Post und der Sohn muss auch „beide“ Post bei.
So war das früher und leider ist das sehr oft auch heute noch so.
Also, mach das, was Dir Spaß macht, wofür Du brennst, was das Feuer in Dir entfacht und wobei Du Höchstleistungen abrufen kannst.
2. Du kannst Schwächen verringern, aber es wird dadurch nie Deine Stärke.
Bitte überlege Dir, was Dich in Deinen Lebensabschnitten(Kindergarten – Schule – Bundeswehr – Lehre – Studium – Beziehung) fasziniert hat und wie Du mit dieser Faszination umgegangen bist.
Gehe einmal zu den wichtigsten Stationen Deines Lebens zurück.
Überlege, warum Du welche Entscheidungen getroffen hast, wie Du mit Problemen und Mitmenschen umgegangen bist, wo Du Erfolge hattest bzw. Erfolgserlebnisse.
Überprüfe anhand Deiner Problemlösungen in einzelnen Lebensabschnitten, ob die heutigen Eigenschaften bestimmend für Deinen damaligen sowie jetzigen Erfolg sind und waren.
Mach Dir deutlich, was Deine Energiequellen waren, die Dich zum Beseitigen von Hindernissen befähigt haben.
Erkenne Deine Stärken aus Deiner bisherigen Vita und fördere diese Stärken. Das ist lohnender als an den Schwächen zu arbeiten.
Der Ausbau der persönlichen Stärken macht Spaß.
Hier sind auch die Quellen für Spitzenleistungen verborgen!
3. Es gibt keine Schwächen, es gibt nur Erwartungen, die nicht erfüllt werden.
Es gibt keine guten oder schlechten Verkäufer, aber es gibt Erwartungen, die ich an einen Verkäufer stelle. Werden die nicht erfüllt, sollte ich meine Erwartungshaltung ändern oder mich fragen, warum ist dieser Mensch Verkäufer geworden.
Es gibt keine guten oder schlechten Führungskräfte mit Personalverantwortung, aber es gibt Erwartungen, die ich an eine Führungskraft mit Personalverantwortung stelle. Werden die nicht erfüllt, sollte ich meine Erwartungshaltung ändern oder mich fragen, warum ist dieser Mensch Führungskraft mit Personalverantwortung. (siehe Peter Prinzip)
Es gibt keine guten oder schlechten Bewerber, aber es gibt Erwartungen, die ich an einen Bewerber stelle. Werden die nicht erfüllt, sollte ich meine Erwartungshaltung ändern oder mich fragen, warum bewirbt sich dieser Mensch auf diese Stelle.
4. Welchen Nutzen hat die Frage nach meinen Schwächen für den beruflichen Alltag.
Die Frage nach den Schwächen eines Bewerbers ist ein Armutszeugnis der Personen, die Menschen einstellen.
PersonalerInnen bewerten in der Regel anhand der Zeugnisse die Kompetenzen, also: organisieren, delegieren, und motivieren oder sägen, bohren und schleifen kann er.
Es wird sehr, sehr selten nach dem Verhaltensprofil eines Bewerbers gefragt oder „wie tickt der Bewerber“.
Hierdurch entstehen Einstellungsfehler, die vor allen Dingen zu Lasten der MA gehen.
Beispiel. Ein Mensch soll eine Führungsposition mit Personalverantwortung übernehmen. Dazu gehört, betriebsintern, eine wöchentliche Motivationsansprache an alle MA, zur Erreichung der U`ziele.
Dieser besagte Mensch bekommt regelmäßig schon am Freitagnachmittag Magenschmerzen, weil er am Montag eine Motivationsrede an seine MA halten soll.
Aufgrund der fehlenden Erfolge in seiner Abteilung (trotz der Motivationsschübe) wird dem Mensch unterstellt, dass er eine Schwäche hat, nämlich: Du kannst nicht motivieren.
Sein Vorgesetzter fordert also: Lieber Mensch, beseitige Deine Schwäche.
Das wird nicht funktionieren. Warum?
Dieser Mensch ist von seinem persönlichen Verhalten introvertiert veranlagt. Das ist weder gut noch schlecht.
Es wird erst dann schlecht, wenn eine entsprechende Erwartung an den Mensch gestellt wird.
Im Falle der Mitarbeitermotivation wird der Mensch nie zu Höchstleistungen fähig sein, obwohl diese Erwartung an ihn gestellt wurde, ohne – im Vorfeld sein Verhaltensprofil zu hinterfragen bzw. zu untersuchen, ob er dazu eigentlich in der Lage ist.
Jetzt ist der Vorgesetzte beim nächsten Vorstellungsgespräch vorsichtiger und fragt nach entsprechenden „Schwächen“ des Bewerbers.
Die Antwort bzw. der Nutzen bewegt sich Richtung NULL.
5. Stärke Deinen Stärken.
Ein Kommentar: Sie liegen völlig falsch mit der Zielsetzung dieser sehr wichtigen Frage(Sind Schwächen relevant; der Autor). Wer diese Frage (bewusst und nicht nach Lehrbuch) stellt, will wissen, ob Sie sich selbstreflektieren können. Eine wichtige persönliche Eigenschaft!
Antwort: Eine wichtige persönliche Eigenschaft ist unter anderem die Selbstreflexion.
Hat Selbstreflexion direkt etwas mit meinen Schwächen zu tun oder sollte ich nicht lieber reflektieren, welche selbstgesteckten Ziele ich heute 1. erreicht habe und 2. was dazu geführt hat, dass ich sie erreicht habe, bzw. 3. nicht erreicht habe.
Im Focus steht die Schaffung eigener Erfolgsstrategien und nicht die Aufdeckung von Schwächen.
In der Arbeitswelt wird erst analysiert und reflektiert, wenn es darum geht, Fehler zu eliminieren.
Wichtiger wäre es, nach jedem Projekt zu analysieren und zu reflektieren, was zum Erfolg geführt hat.(sinnvolles Knowledge Management)
In der Erziehung wird nur dann diskutiert, wenn es um die Beseitigung von Fehlern geht.
Es wäre sinnvoller, mit Kindern zu analysieren bzw. zu besprechen, warum etwas gut geklappt hat. Daraus erwächst Selbstbewusstsein und das Erkennen der eigenen Stärken.
Die gleiche Strategie gilt übrigens auch für Mitarbeiter. Wirkt sich absolut positiv auf die Potenzierung der Leistung aus. (Und ich weiß wovon ich rede)
35% meiner Klientel ist mit der Arbeitsstelle unzufrieden. Stelle Dir selber die Frage: „Besitze ich eigentlich mehr Talente, Fähigkeiten, Qualifikationen, Kreativität und Leidenschaft, als es mein derzeitiger Arbeitsplatz von mir verlangt?“
Liegt das an den vorhandenen Schwächen? Nein! In der Regel fehlt die Förderung der Stärken.
Diese Punkte solltest Du beachten, wenn Du die Wahrscheinlichkeit erhöhen willst, das keiner auf die Idee kommt nach Deinen Schwächen zu fragen, weil Deine Stärken so interessant und nützlich sind.
- Recherchiere investigativ ein Unternehmen und überprüfe, ob die U`philosophie zu Deiner Lebensphilosophie passt.
- Dein Ziel beim Vorstellungsgespräch ist nicht der Arbeitsvertrag.
- Beherrsche die Dramaturgie des Vorstellungsgespräches.
- Beweise durch Fragen (und nur durch Fragen) Deine Kompetenz.
- Verschaffe Dir beim Abgang den entscheidenden Eindruck.
- Lege nach und stelle eine langfristige Beziehung her.
- Führe ein Gespräch auf Augenhöhe. Jeder Mensch kauft am liebsten von Siegern. Du, ich und auch die Personalabtlg. oder das HR Management.
- Merke: Du bist der Schmied Deiner Karriere und der Regisseur des Vorstellungsgespräches.
Was immer passiert. Beim Vorstellungsgespräch kann Dich nichts erschüttern aufgrund einer Tatsache: Du bittest nicht um einen Job, sondern Du bietest Deine Qualifikation zum Nutzen des Unternehmens an. Nicht Du bist vom Unternehmen abhängig, sondern das Unternehmen ist von Deinen Talenten, Fähigkeiten und Qualifikationen abhängig. Zugegeben, ein Paradigmenwechsel, aber – sehr erfolgreich.
Also, gehe nicht über Los, kaufe keine Knieschoner aus der Fliesenlegerabteilung.
Und was antwortest Du nun auf die schwache Frage nach Deiner Schwäche?“
Mein Tipp, frag d i e Autorität des 21. Jahrhunderts, such Dir bei google ein paar Antworten raus.
Bedenke, jeder einigermaßen intelligente Personaler weiß um diese Strategie und wird in der Regel diese Frage nicht stellen. Wenn er trotzdem diese Frage … naja, Du weißt schon.
Ich bin gespannt auf Dein Feedback und bedanke mich im Voraus schon dafür.
lieber Herr Schmidt,
Ich unterstütze Ihre Sichtweise sich mehr um die Stärken zu kümmern anstelle permanent gefrustet an den Schwächen zu arbeiten. Trotzdem und gerade wenn man sich seiner Stärken bewusst ist, lohnt sich das Beschäfftigen mit den eigenen Defiziten sehr. Ich würde nur niemandem raten damit hausieren zu gehen. Das zieht emotional nur runter.
Ich möchte das mit einem Spitzensportler vergleichen. Der Spitzensportler arbeitet natürlich an dem Ausbau seiner Stärken, aber auch am Abbau der für ihn relevanten Schwächen. Als Torwart im Spitzenbereich muss ich auch an meiner Spielstärke mit dem Fuß arbeiten, da dieses vom modernen Fußball erwartet wird. Wenn ich als Stürmer an der fehlenden Fangtechnik mit den Händen arbeiten würde wäre das nur sinnlos, verlorene Energie und Zeit, mit fatalen Auswirkungen.
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht mir über die eigenen, aber relevanten Schwächen bewusst zu sein, das Machbare auch anzugehen, aber mich definitiv nicht selbst zu kasteien, sondern an den eigene Stärken zu motivieren.
Liebe Grüße
Marcus König
Lieber Marcus König,
Danke für Ihren Kommentar.
Ein Geigenspieler hat das Talent, die Leidenschaft und die Begeisterung für seine Musik. Dieses Talent, diese Leidenschaft und diese Begeisterung trägt ihn und – natürlich hat jeder Beruf seine Schattenseiten. Diese „Schattenseiten“ lassen sich aber eher kompensieren, wenn die Begeisterung und die Leidenschaft überwiegt.
Erzählen Sie mal einem Nichtmusiker, das man zur Ausübung dieses Berufes täglich mindestens 4 Stunden praktisch üben muss. Vom theoretischen Wissen mal ganz abgesehen.
Ähnlich geht es Ihrem Torwart oder Sportler auf höchsten Niveau.
Denen macht auch nicht alles Spaß, aber sie sehen einen Sinn, in dem was sie tuen.
Was immer sie oder andere auch tun.
Zum Feierabend sollten Sie folgende Fragen positiv reflektieren können.
– bin ich heute mit Freude zur Arbeit gegangen?
– habe ich etwas sinnvolles geleistet?
– wurde meine Tätigkeit anerkannt?
Erfüllung, Zufriedenheit und sehr viel Sinn sollte jeder Mensch in seinem Beruf erleben!
Dann bügelt er auch mit seiner Stärke berufsbedingte Mängel aus.
Herr König, ich wünsche Ihnen weiterhin die dynamische Schubkraft für eine sinnvolle Karriere
EWS
Ich glaube nicht, daß Denken an Stärken statt Schwächen etwas „bewusst und nicht nach Lehrbuch“ ist. Dalai Lama würde dieses Betrachtungsweise als „positives Denken“ nennen.
Vielen Dank für den interessanten Beitrag!
Lieber Maxim,
an den Dalai Lama komme ich nicht ran. Aber ein Sinnspruch von ihm passt auch zu meinem Thema „Die schwierigste Zeit in unserem Leben ist die beste Gelegenheit, innere Stärke zu entwickeln.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen die dynamische Schubkraft für berufliche Stärke
EWS