Neinsagen braucht ein besseres Image.

Das Nein hat ein schlechtes Image. Das muss sich ändern. Um Nein zu sagen, brauchst Du Meinung und Haltung. Das wusste bereits Steve Jobs.

Wäre Steve Jobs ein notorischer Optimist wie Richard Branson gewesen, würden wir heute vielleicht mit Apple Air in den Urlaub fliegen. „Ich bin Dr. Ja! Das Leben macht mehr Spaß, wenn man Ja anstatt Nein sagt“, hat der Chef des weit verzweigten Virgin-Imperiums mal seine Philosophie auf den Punkt gebracht. Der Minimalist Jobs sah hingegen in der entgegengesetzten Strategie den Schlüssel zum Erfolg. Wer sich auf seine Stärken konzentrieren wolle, müsse „nein, nein, nein“ sagen. Wer nicht gerade wie der Allrounder Branson beruflich etliche Eisen im Feuer hat, sollte sich an dem ehemaligen Apple-Chef ein Vorbild nehmen. Denn das Nein kann in der Karriere zum Erfolgsfaktor für mehr Qualität, Produktivität und nicht zuletzt Zufriedenheit werden.

Neinsagen ist allerdings gar nicht so einfach. Jedem Nein wohnt eine Ablehnung inne, weshalb es als tendenziell feindselig gilt. Neinsager ecken an. Sie haben schnell den Ruf weg, überkritische Nörgler und Spielverderber zu sein. Jasager werden hingegen als Teamplayer gefeiert. Dass man sich mit Absagen keine Freunde macht, wusste auch Jobs. Womöglich hatten seine schwarzen Rollkragenpullover ja eine gewisse Schutzfunktion. „Es ist wirklich ein Scheißausdruck. Man will nett sein“, sagte Jobs 1997 auf der Entwicklerkonferenz WWDC über das Nein.

Das Nein geht erst mal gegen die menschliche Natur und kostet deshalb Überwindung. Gerade das macht es aber im Berufsleben so wertvoll. Wer Nein sagt, hat sich das vermutlich sehr gut überlegt. Beim scheinbar so hilfreichen Ja ist die Grenze zur Beliebigkeit und Ahnungslosigkeit dagegen schnell überschritten. Wer der Vorgesetzten immer nur zustimmt, braucht sich gar nicht erst eine eigene Meinung zu bilden. Das Ja ist mittlerweile sogar derart allgegenwärtig, dass manche Menschen damit gern ihre Sätze beginnen, obwohl es gar keine Frage zu beantworten gab. Ja wird da zum neuen Äh und ist eben so inhaltsleer.

Fünf Gründe, warum das Nein-Sagen im Job außerdem gut ist.

Neinsagen braucht ein besseres Image. Dabei helfen Dir vielleicht diese fünf Erkenntnisse und Tipps.

  1. Neinsagen ist kein Tabu

Beim Nein ist es wie bei der Forderung nach der Gehaltserhöhung: Theoretisch liegt der Nutzen auf der Hand. Aber zu wenige Beschäftigte trauen sich. Ein Grund ist buchstäblich das Selbstbewusstsein. Viele Menschen scheuen davor zurück, dem Arbeitgeber etwas „zuzumuten“ und damit womöglich die Stellung in der Firma zu gefährden. Aber das kann keine Grundlage für ein erwachsenes, selbstbestimmtes Berufsleben sein. Gute Arbeit muss entsprechend entlohnt und Meinungen müssen geäußert werden können – es sei denn, der Chef leidet unter Realitätsverlust, aber das ist ein anderes Thema. Nein ist kein Tabu, sondern ein ganz normaler Ausdruck von Expertise.

  1. Nein sichert Qualität

Wer nein sagt, ist nicht automatisch gegen etwas. Vielmehr tritt derjenige für etwas ein. Zum Beispiel für höhere Produktivität, wenn es um ein Projekt geht, das sich einfach nicht rechnet. Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit können ebenfalls durch Ablehnung gestärkt werden. Das gilt sowohl für die Firma als auch auf persönlicher Ebene. Wer immer nur Ja sagt, wenn es um Überstunden oder ständige Erreichbarkeit geht, tut mit dieser Selbstausbeutung niemandem einen Gefallen. Ein klares Nein zur rechten Zeit ist Ausdruck einer funktionierenden Qualitätskontrolle. 

  1. Ablehnung hinterfragen

Trotzdem ist es nicht alltäglich, Vorgesetzten oder Kunden einen Wunsch abzuschlagen. Ein Nein muss wohlüberlegt sein und darf nicht zum Automatismus geraten. Dazu gehört es, das spontane Bauchgefühl infrage zu stellen. Nicht immer ist es im Job ausschlaggebend, ob man Lust auf etwas hat. Manchmal sind Zumutungen rückblickend eine gute Sache. Manchmal weiß es die Vorgesetzte tatsächlich besser. Wenn Neinsagen zum Reflex gerät, bleiben die Grenzen der Komfortzone zu eng gesteckt. Deshalb sollte man sich bei einer Ablehnung, auch, wenn sie scheinbar auf der Hand liegt, Bedenkzeit ausbitten. Das signalisiert der Gegenseite zudem, dass man die Entscheidung ernst genommen hat.

  1. Das transparente Nein

Das Ja ist für seinen Empfänger selbsterklärend. Beim Nein ist Kontext angesagt. Der fungiert nicht bloß als rhetorischer Airbag. Wer den Entschluss nachvollziehbar und stichhaltig erklärt, kann sogar Pluspunkte sammeln. Dabei ist es hilfreich, wenn man nicht nur ablehnt, sondern Alternativen aufzeigen kann. Eine Beförderung ist zwar gut gemeint, würde Sie aber fachlich aufs Abstellgleis führen? Ein Auftrag ist lukrativ, bindet aber zu viel Ressourcen? Dann ist es an der Zeit für ein „Nein, danke“.

Machen Sie deutlich, wie Sie dem Arbeitgeber am meisten nutzen. Kommen Sie ihm gegebenenfalls einen Schritt entgegen und bieten Sie Unterstützung in anderer Form an. Ein Nein muss nicht in Stein gemeißelt sein. Vielleicht kann man in einem halben Jahr noch einmal darüber sprechen. Diese Hintertür sollte aber nur angeboten werden, wenn sie realistisch ist. Ansonsten wird das Nein zum Pseudo-Vielleicht verwässert, was niemandem weiter hilft. 

  1. Nein stärkt Werte

Wer Nein sagt, bekennt sich zu Grenzen. Das kann beängstigend sein. Auch hier ist ein Perspektivwechsel hilfreich. Wer Linien zieht, braucht eine klare Vorstellung davon, was die Grundsätze der eigenen Arbeit sein sollen. Neinsagen kann banal sein. Erstaunlich oft läuft es jedoch darauf hinaus, was einem persönlich wichtig ist. Das betrifft womöglich ethische und professionelle Leitsätze, die schlicht nicht verhandelbar sind. Die Balance zwischen Job und Privatleben kann ebenfalls zum beruflichen Dogma gehören. Wer sich über einige wenige Grundsätze im Klaren wird, kann leichter und ohne schlechtes Gewissen Nein sagen.

Es war übrigens kein Zufall, dass Jobs 1997 ein öffentliches Plädoyer für das Nein gehalten hatte. Damals war er gerade an die Spitze von Apple zurückgekehrt und musste den Konzern vor der Pleite bewahren. Ursache der Krise waren nach Ansicht des Mitbegründers die zu vielen neuen Geschäftsfelder. Er eliminierte bis zum Jahresende fast 70 Prozent der Produktpalette, konzentrierte sich auf Apples Stärken, nahm das große Ganze in den Blick. 1998 läutete der iMac den bis heute andauernden Siegeszug des Konzerns ein. Jobs gab in der Folge grünes Licht für iPod und iPhone – aber nur, weil er zuvor nein, nein, nein gesagt hatte. Quelle


 

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