Die „Let Them“-Theorie (auf Deutsch etwa: „Lass sie doch“-Theorie) ist ein populärpsychologischer Ansatz, der besonders durch Social-Media-Kanäle (z. B. TikTok, Instagram) verbreitet wurde. Sie stammt im Kern aus der Selbsthilfe- und Persönlichkeitsentwicklungs-Szene.
Die Grundidee ist einfach
Wenn Menschen sich auf eine Weise verhalten, die dich enttäuscht, verärgert oder einschränkt – lass sie. Konzentriere dich nicht auf die Kontrolle ihres Verhaltens, sondern auf deine eigene Reaktion und deine Grenzen.
Die „Let Them“-Theorie kann im Arbeitsleben ein wertvolles Werkzeug sein, um sich emotional abzugrenzen, Verantwortung für das eigene Erleben zu übernehmen und gelassener mit zwischenmenschlichen Spannungen umzugehen.
Aber: Sie ersetzt keine gesunde Kommunikation, keine Konfliktfähigkeit und keine kollegiale Verantwortung.
Diese „Let Them“ Theorie kann sich positiv als auch potenziell problematisch auswirken.
✅ Positive Auswirkungen im Arbeitsleben
Mehr Gelassenheit im Umgang mit Kollegen
- Wenn jemand z. B. immer zu spät kommt oder passiv-aggressiv ist, statt sich zu ärgern oder es persönlich zu nehmen, kann „Let Them“ helfen, emotional Abstand zu gewinnen.
- Man lernt: Das Verhalten anderer sagt mehr über sie aus als über mich.
Stärkung der Selbstverantwortung
- Mitarbeitende übernehmen Verantwortung für ihre Reaktionen und ihr Zeit- und Energiemanagement.
- Fokus liegt auf dem eigenen Einflussbereich – das reduziert Stress und Frustration.
Effizientere Kommunikation
- Weniger Drang zur Kontrolle führt zu klareren Grenzen: „Ich lasse dich so handeln – aber ich muss mich dem nicht aussetzen.“
- Fördert eine sachlichere Haltung, z. B. bei Konflikten oder Kritik.
Bessere Resilienz
- Wer sich nicht von allem gestört oder beeinflusst fühlt, entwickelt emotionale Stärke – hilfreich in komplexen, dynamischen Arbeitsumfeldern.
⚠️ Potenzielle Risiken und Herausforderungen
Passivität statt gesunder Konfrontation
- „Let Them“ kann dazu führen, dass man sich aus Konflikten heraushält, auch wenn ein Gespräch wichtig wäre – z. B. bei Teamkonflikten oder unfairem Verhalten.
Rückzug statt Teamverantwortung
- In Teams ist es manchmal notwendig, Verhalten anzusprechen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Wer immer „einfach loslässt“, riskiert Isolation oder stillschweigende Duldung von Dysfunktionen.
Grenze zur Gleichgültigkeit
- Wenn „Let Them“ zu „Mir ist alles egal“ wird, leidet das Engagement – eine Haltung, die in Leadership-Rollen oder im Kundenkontakt problematisch ist.
Vermeidung von Feedback
- Die Theorie kann als Ausrede genutzt werden, um notwendiges Feedback zu vermeiden, das für das Wachstum des Teams oder Mitarbeiters wichtig wäre.
💡 Das ist die Kunst
Die Kunst liegt darin, bewusst zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, „sie machen zu lassen“ – und wann man eingreifen, sprechen oder handeln sollte.

🔹 Szenario: Die laute Kollegin im Großraumbüro
Situation:
Du arbeitest konzentriert an einer Präsentation, die bald fertig sein muss. Deine Kollegin redet lautstark mit einem anderen Kollegen über ihr Wochenende – nicht zum ersten Mal. Du merkst, wie sich Frust aufbaut. Du denkst dir: „Warum können manche Leute nicht rücksichtsvoll sein?“
🧠 Reaktion A: Klassisch gestresst
Du schaust genervt, unterbrichst ihre Unterhaltung mit einem sarkastischen „Ein bisschen lauter, ich hör’s noch nicht bis zur Kantine“, oder denkst den ganzen Nachmittag schlecht über sie. Ergebnis: Deine Stimmung kippt, die Arbeit leidet, und das Teamklima wird schlechter.
✅ Reaktion B: Mit „Let Them“-Haltung
Du hältst kurz inne und denkst:
„Sie redet laut. Das ist ihr Ding. Ich kann das nicht kontrollieren. Aber ich kann entscheiden, wie ich damit umgehe.“
Dann:
- Du setzt deine Kopfhörer auf oder suchst dir einen ruhigeren Platz.
- Wenn es häufiger vorkommt und dich dauerhaft stört, sprichst du sie in einem ruhigen Moment freundlich an:
„Ich merke, dass ich mich schwer konzentrieren kann, wenn es so laut ist – wäre es für dich okay, etwas leiser zu sprechen?“
💬 Was hier passiert (psychologisch):
- Du lässt sie in ihrem Verhalten – ohne dich innerlich aufzureiben.
- Du übernimmst Verantwortung für deine Grenzen.
- Du agierst sachlich und ohne Drama – aber trotzdem nicht passiv.
🔁 Übertrag auf andere Situationen
Situation | „Let Them“-Haltung |
Kollege meldet sich nie freiwillig für Aufgaben | Lass ihn – und sprich bei Bedarf klar über Rollen und Fairness. |
Vorgesetzte antwortet spät auf Mails | Lass sie – und finde Wege, deine Projekte trotzdem zu strukturieren. |
Teammitglied bringt ständig private Themen ein | Lass es zu – solange es den Rahmen nicht sprengt. Wenn doch: freundlich kommunizieren. |
Fassen wir nochmal zusammen
Die „Let Them“-Theorie kann im Arbeitsleben ein wertvolles Werkzeug sein, um sich emotional abzugrenzen, Verantwortung für das eigene Erleben zu übernehmen und gelassener mit zwischenmenschlichen Spannungen umzugehen.
Aber: Sie ersetzt keine gesunde Kommunikation, keine Konfliktfähigkeit und keine kollegiale Verantwortung.
👉 Die Kunst liegt darin, bewusst zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, „sie machen zu lassen“ – und wann man eingreifen, sprechen oder handeln sollte.
Deine Erfahrung
Was würdest du loslassen, wenn du ab heute „Let them“ sagst?
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